Was ich von John Gray über Beziehungen gelernt habe

070 – WAS ICH VON JOHN GRAY ÜBER BEZIEHUNGEN GELERNT HABE – TRANSKRIPT Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcastfolge. Mein Name ist Annika Bühnemann und hier auf dem Kanal erhältst du Tipps für ein selbstbestimmtes Leben. Alle zehn Folgen stelle ich ein Buch vor, das mich in meinem Leben, meiner persönlichen Entwicklung weitergebracht hat. Heute möchte ich ein Buch vorstellen, das ich ungefähr Ende der 90er oder Anfang der 2000er gelesen. Und zwar ist das von John Gray der Beziehungsratgeber „Männer sind anders, Frauen auch“ umgangssprachlich eher bekannt unter „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“. Dieses Buch hat meine Mama damals gelesen und fand das ganz interessant und sie meinte zu mir nach dem Motto: „Lies das mal, vielleicht hilft dir das schon, jetzt, wo du langsam in die Phase kommst, wo du dich auch für Jungs interessierst, dann anders in eine Beziehung reinzugehen, als das so viele von uns gemacht haben.“ Also von ihrer Generation, die erst teilweise vielleicht schlechte Erfahrungen gesammelt haben, um dann nach und nach zu verstehen, wie unterschiedlich Personen untereinander mit verschiedenen Anforderungen usw. umgehen. Kleiner Disclaimer vorweg: Wie gesagt, das Buch ist aus den 90er ungefähr, wurde auch mal um 2009 überarbeitet und dementsprechend kommt das natürlich aus einer gesellschaftlichen Zeit, wo es noch nicht um Genderdiversität ging, wo viele Einstellungen auch noch anders waren. Und deshalb wirkt es natürlich in der Rückschau heute ziemlich klischeehaft. Aber ich muss sagen, viele Dinge davon passen einfach heute noch. Jetzt bin ich gerade dabei, das Buch „Die fünf Sprachen der Liebe“ zu lesen. Das ist, glaube ich, auch schon von 1992, aber ist auch mehrere Male neu aufgelegt worden. Und da geht es um darum, dass Menschen im Allgemeinen verschiedene Sprachen der Liebe sprechen, je nachdem, wie sie aufgewachsen sind und was für den einen total erfüllend ist und ihm seine Liebe sozusagen zeigt, ist für den anderen gar nicht so wichtig. Manchmal sprechen wir unterschiedliche Sprachen. Da habe ich mich auch wieder gefunden, weil es zu vielen Punkten passte, was hier in diesem Buch von John Gray auch angesprochen wird. Das Storytelling in dem Buch fand ich total witzig. Und zwar wird eine fiktive Geschichte erzählt, dass früher, bevor die Erde bevölkert wurde, die Männer auf dem Mars gelebt haben, die Marsianer, und die Frauen auf der Venus, die Venusianerinnen. Wir nehmen jetzt mal für diese Folge einfach das so hin. Ich möchte in den Raum werfen, dass ich der Meinung bin, dass jeder Mensch sowohl aus „männlichen“ wie auch aus „weiblichen“ Bereichen besteht und man natürlich nicht ganz krass sagen kann „Das ist typisch männlich und nur Männer können das so sehen“. Ich stelle hier nur ein paar Konzepte vor und ihr könnt gern mal überlegen, in welchen Fällen ihr hier und da reinfallt. Denn es ist ja alles eher wie in einem Spektrum. Man bewegt sich irgendwo auf einem Spektrum, ist nicht unbedingt schwarz-weiß, sondern manches trifft mehr zu, manches trifft weniger zu. Und mit den Sachen, die ich aus diesem Buch vorstellen möchte, soll das einfach eine Anregung sein, darüber nachzudenken: Wo findest du dich wieder? Wo hast du eigene Erfahrungen auch gesammelt, was deine eigenen Einstellungen betrifft, aber eben auch natürlich im Zusammenleben mit einer anderen Person? Und für alle Autor*innen unter euch auch noch der Hinweis: Alles, was man in puncto Persönlichkeitsentwicklung lernen kann, lässt sich auch übertragen auf die Figurenentwicklung. Das heißt, wenn wir heute davon sprechen, was so typischerweise männliche Strategien sind, um die Probleme des Lebens zu lösen, dann kann man solche Eigenarten natürlich auch für seine Figurenentwicklung benutzen. Männer können nach diesem Konzept „typisch männlich“ agieren. Oder Frauen können sich über die Sachen aufregen, über die sich Frauen halt aufregen. Schreiben hat sehr viel mit Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung zu tun, eben weil es darum geht, wie man sich in den verschiedenen Situationen verhält. Damit kommen wir zum Buch. Wie gesagt, es fängt damit an, dass diese Geschichte erzählt wird: Früher haben die Männer auf dem Mars gewohnt und die Frauen auf der Venus und das Zusammenleben klappte einfach. Da gab es nicht viele Probleme. Es gab nämlich einige ungeschriebene Regeln, an die sich einfach alle gehalten haben. Und damit war das eigentlich alles gut. Eines Tages haben die Marsianer, als sie in einer eher depressiven Verstimmung waren, den Sternenhimmel abgesucht und sind eben auf die Venus getroffen und haben sich schlagartig in die Venusianerinnen verliebt. Auch die Venusianerinnen sind auf die Marsianer dann aufmerksam geworden und sie haben zueinander gefunden und sind dann auf die Erde gekommen. Durch diesen Eintritt in die Erdatmosphäre ist jedoch sämtliches Verständnis abhanden gekommen und sie sind dann als Menschen hier auf der Erde gewesen und haben gemäß ihrer „alten Programmierung“ gehandelt. Und haben häufig nicht so mehr das Verständnis füreinander gehabt für ihre Andersartigkeit. Wir auf der Erde haben jetzt sozusagen die Aufgabe, wieder dieses Verständnis zueinander zu fördern. Um eine glückliche Beziehung zu führen, kann es also notwendig sein, die Eigenarten der anderen Person zu verstehen und dann auf eine Lösung zu kommen. Was für Eigenarten sind das zum Beispiel? Auf dem Mars damals gab es andere Grundwerte, da waren andere Dinge wichtig als auf der Venus. Auf dem Mars waren zum Beispiel so Dinge wichtig wie Kompetenz, Effizienz und Erfolg, sehr männlich geprägt dementsprechend, und wir sehen das ehrlich gesagt ja auch heute noch in dieser eher patriarchalischen Gesellschaft – zumindest was das Arbeitsleben betrifft. Erfolg wird belohnt, Kompetenz ist wichtig. Als ich über Charisma gesprochen habe, bin ich auch darauf eingegangen: Es ist meistens bei Menschen, die Kombination aus Kompetenz und Wärme, die Charisma zum Beispiel erzeugt. Bei den Marsianern war also Kompetenz sehr wichtig, die Fähigkeit zu haben, etwas zu können. Deshalb gibt es auch Uniformen, um zu zeigen „Ich bin kompetent“. Frauen würden jetzt nicht unbedingt von sich aus auf die Idee kommen, eine Uniform zu tragen, um jemand anderen zu zeigen, was sie können. Vielleicht gehen wir einen Schritt zurück, um zu klären, warum ich darauf kam, gerade dieses Buch rauszunehmen: Vor ein paar Tagen haben wir uns mit einer Gruppe zum Grillen getroffen und unter anderem kam das Gespräch darauf, dass anscheinend die Bundesjugendspiele abgeschafft werden sollen. Habe ich gar nicht so mitgekriegt, interessiert mich aber auch ehrlich gesagt wenig. Bundesjugendspiele waren für mich immer ein Graus, weil es der totale Wettbewerb ist. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sollen Bundesjugendspiele unter anderem deshalb auch abgeschafft werden, weil eben diese Wettbewerbssituation häufig zu Mobbing-Situationen führen kann, weil immer die gleichen Leute als Loser abgestempelt werden und weil man vor der ganzen Schule seine Unfähigkeit zeigen muss. Ich begrüße das ja, weil ich Bundesjugendspiele gehasst habe. Aber ein paar der Männer, die dort waren, haben die Abschaffung kritisiert. Dann kamen Argumente wie nach dem Motto: die Kinder müssen darauf vorbereitet werden, im Leben auch mal zu scheitern. Die Kinder kommen in Wettbewerbssituationen, wenn sie groß sind. Also müssen sie das spielerisch schon mal trainiert haben, wie es ist zu gewinnen und zu verlieren, damit sie später diese Kompetenzen haben usw. Und zum Teil gebe ich ihnen absolut recht, gerade was Mindset betrifft. Wenn ich nicht gelernt habe, wie ich mit dem Gefühl des Scheiterns umgehe, dann bringt es natürlich nichts, meine Umwelt so zu verändern, dass ich nie wieder scheitere. Denn dann lebt man kein erfülltes Leben. Das haben wir über in der Folge über die Komfortzone schon ausführlich besprochen. Natürlich ist es wichtig zu lernen, wie man mit Scheitern umgeht, wie man mit Misserfolg umgeht usw. Gleichzeitig mag ich selbst diese Wettbewerbssituation auch nicht. Es ist einfach nichts, was mich in irgendeiner Art und Weise reizt. Ich mag nicht an Wettbewerben teilnehmen oder mich mit anderen messen. Dieser – sorry das zu sagen –Schwanzvergleich ist nichts für mich, geht mir völlig am Allerwertesten vorbei. Das ist eine typisch männliche Sache. Dieses Kompetenzgerangel ist sehr männlich. Also Männer mögen es gerne, ihre Kompetenz darzustellen, ihre Fähigkeiten auch zu vergleichen und sie mögen es sogar, ihren Gegner zu schlagen. Es geht nicht nur darum, ihn zu besiegen, sondern es dem anderen möglichst schwer zu machen, das Ziel zu erreichen. Für mich als Frau ist das gar nicht so. Also bei mir ist „Community over competition“ und bei vielen Männern ist dann eher „Competition over Community“. Das erinnerte mich wie gesagt an dieses Buch. Auf dem Mars waren eben Werte wie Kompetenz, Effizienz, Fähigkeiten und Erfolg wichtig. Die Männer wollten selbst etwas schaffen und erschaffen. Man sollte ihnen nichts abnehmen, weil wenn, wenn Männern Arbeit abgenommen wurde, dann hieß das für sie, dass sie nicht kompetent genug waren, das selbst zu erledigen. Auf der Venus hingegen ging es mehr um Kommunikation, um Beziehungen, Schönheit, Ästhetik. Und die Werte, die dort hochgehalten wurden, waren Wertschätzung, Beziehungspflege, sich um den anderen zu kümmern. Bei den Frauen war es wichtig, miteinander zu sprechen, und zwar nicht unbedingt, um eine Lösung zu finden, sondern um das Problem zu erörtern. Und das ist eine Sache, wo ich dann immer wieder lachen muss, weil das bei mir in meiner Ehe immer wieder ein Punkt ist. Manchmal ist das wirklich so, dass wir über ein Thema reden und ich dann einfach nur darüber reden will und gar keine Lösung haben will. Und mein Mann schlägt mir dann Lösungen vor und ich erinnere ihn dann daran und sage: „Danke für die Lösungsvorschläge. Ich will aber eigentlich gerade einfach nur darüber reden“ und dann weiß er schon, dass er einfach nur zuhören muss. Ich will gar keine Lösungsvorschläge, weil meistens habe ich Lösungsvorschläge im Kopf. Aber ich möchte mir das Problem im Grunde, wie man so schön sagt, von der Seele reden. Ich möchte darüber sprechen, um dieses Problem in seiner Mehrschichtigkeit zu beleuchten, um verschiedene Perspektiven einzunehmen, um dieses ganze Problem in der Tiefe zu verstehen und gar nicht, um es zu lösen. Ich muss sagen, dass mein Mann das manchmal auch macht. Also das ist jetzt nicht so eine „typisch Frauen“-Geschichte, aber das kommt bei uns halt häufiger vor. Genauso andersrum auch, dass ich zum Beispiel frage, ob ich einen Lösungsvorschlag geben soll, wenn mir einer einfällt, oder ob es nur darum geht, dass wir über das Problem sprechen. Denn manchmal ist es auch so, dass mein Mann einfach nur über eine Sache sprechen will, ohne dafür groß eine Lösung zu brauchen. Also wenn ihr mal in Gespräche verwickelt werdet, wenn euch jemand ein Problem präsentiert, dann fragt einfach, ob ihr zuhören sollt, ob ihr über das Problem reden sollt oder ob es darum geht, eine Lösung zu finden. Männer geben häufig Ratschläge, weil sie eben in ihrem Kopf haben: Hier ist ein Problem, dafür brauchen wir eine Lösung. Es gibt etwas, das kaputt ist. Ich will es reparieren. Und Frauen wollen häufig nur darüber reden, weil Zuhören und Sprechen einer dieser Werte war, die auf der Venus eben ganz wichtig waren. Eine andere Sache, die ich sehr interessant fand, ist die Theorie Frauen sind wie Wellen und Männer sind wie Gummibänder. Das ist eine Sache, die habe ich schon früh gelernt und die ist mal mehr und mal weniger ausgeprägt. „Männer sind wie Gummibänder“ soll bedeuten: Männer sind in ihrem Verhalten manchmal so, dass sie ganz viel Nähe mögen, zulassen und suchen. Und mit der Zeit entfernen sie sich. Dann machen sie ihr eigenes Ding. Manche Männer sind mit ihren Kumpels unterwegs oder sind viel weg. Manche sind vielleicht viel arbeiten oder viel für sich mit ihren Gedanken unterwegs. Und als Frau hat man das Gefühl, dass sie sich – Achtung – emotional entfernen. Das ist meistens eine Fehleinschätzung. Das Gummiband spannt sich, indem sich der Mann sozusagen von der Frau entfernt und merkt dann durch die Entfernung, was ihm alles wichtig ist und fehlt und kommt wieder zurück. Und dann hat man wieder viel Nähe, viel Zusammensein, wird vielleicht auch mehr mit Liebe überschüttet, so wie wir Frauen das empfinden. Und dann geht das Ganze wieder von vorne los. Männer gehen dann auch, wenn sie weiter weg sind, gedanklich gesprochen in eine Höhle. Und das ist tatsächlich der Hauptpunkt, den ich mir aus diesem Buch damals gemerkt habe. Wenn Männer ein Problem haben in ihrem Job, in ihrer Beziehung, in der Freundschaft, gerade wenn sie starke, unangenehme Gefühle, Trauer zum Beispiel haben, dann reden sie häufig nicht darüber, sondern gehen erstmal damit gedanklich in ihre Höhle. Man kann sich das ein bisschen wie bei Höhlenmenschen vorstellen. Obwohl ich Männer jetzt nicht mit Höhlenmenschen vergleichen möchte, sondern es ist einfach nur ein anderer Umgang einfach mit unangenehmen Gefühlen. Männer nehmen das Problem dann gern mit so in ihre metaphorische Höhle und denken darüber nach. Man kann sich so vorstellen: Sie nehmen ihren Werkzeugkasten und gucken, wie sie dieses Problem lösen können. Stellt euch das, liebe Frauen, vor, als ob ein Auto kaputt ist und der Mann geht zum Auto, macht die Motorhaube auf – ich werde jetzt wieder sehr klischeehaft – holt seinen Werkzeugkasten und bastelt dann am Auto herum. So lange, bis er das Problem gelöst hat. So gehen viele Männer mit ihren Problemen um. In dieser Zeit sind sie für uns Frauen nicht so gut erreichbar. Man kann nicht gut mit ihnen über Dinge reden und man sollte sie einfach in Ruhe lassen. Manchmal kommen sie von selbst auf eine Lösung, ohne darüber zu reden, und dann kommen wieder zurück und das Problem ist dann häufig gelöst. Oder sie sind mit ihren Gefühlen klargekommen oder irgendwas hat sich verändert. Und dann kann man auch darüber reden. Wenn Frauen ein Problem haben, suchen sie erst recht die Nähe, meistens die Nähe zur anderen Person. Dann wollen sie darüber reden, dann wollen sie dieses Problem ausdiskutieren, dann wollen sie durch das Sprechen eine Lösung finden. Das ist tatsächlich eine Sache, bei der mein Mann manchmal ein bisschen verrückt wird. Denn manchmal, wenn wir über Sachen diskutieren, dann ist es manchmal so, dass ich noch gar nicht genau weiß, wie meine Meinung zu dem Problem ist, auf welcher Seite ich zum Beispiel stehe oder was eben auch was mein Lösungsvorschlag wäre. Sondern während ich darüber spreche, finde ich manchmal erst heraus, was das Problem ist. Das kann mein Mann gar nicht verstehen. Er findet das immer ganz komisch im Nachhinein, dass ich diskutieren kann, ohne zu wissen, was das Problem ist. Und ich habe das Gefühl, dass Frauen das eigentlich oft machen. Wir sprechen über etwas und indem wir darüber sprechen, tragen wir Schicht für Schicht diese Sache ab, um dann auf den Kern zu sprechen zu kommen. Meinen Mann regt das richtig auf, wenn wir über ein Problem reden, wie zum Beispiel Schuhe wegräumen. Wir reden darüber, dass die Schuhe immer im Weg stehen und nachdem wir eine halbe Stunde gesprochen haben, kommt das eigentliche echte Problem zum Vorschein. In so einem Fall wäre das wahrscheinlich typischerweise so etwas wie: Ich habe das Gefühl, dass ich immer im Stich gelassen werde, und mein Mann findet es kurios, dass ich nicht von vornherein weiß, dass das das eigentliche Problem ist, weil er immer sich ziemlich schnell sehr klar darüber ist, was sein eigentliches Problem ist. Und ich muss eigentlich wirklich oft erst eine halbe Stunde darüber reden, ehe ich zum Kern komme, was in echt das Problem ist. Und für mich ist das normal und ich finde das auch nicht schlimm. Und da bin ich dann beim Diskutieren oft an dieses Buch erinnert worden, wo genau das auch angesprochen wird. Frauen sprechen über ihre Probleme, Männer gehen in ihre Höhle, weil Männer Gummibänder sind. Frauen sind Wellen, wird da gesagt. Und das ist ziemlich identisch mit diesem Zyklus, unter dem wir Frauen sowieso oft agieren. Das heißt, Frauen haben manchmal so eine Hochphase, das ist meistens in der Phase vor dem Eisprung und um den Eisprung herum, dann fühlen wir uns oft sehr gut. Wir sind mütterlich, wir sind produktiv, wir sind ehrgeizig, können gut und klar denken, können gut Strategien entwickeln usw. Und dann nach dem Eisprung, wenn keine Befruchtung stattgefunden hat, dann stößt der Körper die Eizelle ja wieder ab und der Hormonhaushalt stellt sich wieder um und wir geraten in so ein Tief. Das ist auch diese Phase, in der wir das Prämenstruelle Syndrom haben (=PMS), wo wir Stimmungsschwankungen haben, es uns oft nicht so gut geht, wir ganz viele Sachen hinterfragen und wo wir auch sehr sensibel sind, vielleicht schnell emotional werden. Viele Frauen kennen diese Phasen und dann haben wir unsere Tage, dann ziehen wir uns auch gern zurück und sind häufig auch gern für uns alleine und dann geht es wieder von vorne los. Das läuft meistens innerhalb von ca. vier Wochen. Frauen kennen das in der Regel seit ihrer Pubertät und je genauer wir uns mit unserem Körper auseinandersetzen, desto besser verstehen wir auch, warum wir in welcher Phase sind. Und wenn wir darüber sprechen und das auch mit unserem*r Partner*in kommunizieren, dann kann man auf der anderen Seite auch mehr Verständnis erwarten. Also bei meinem Mann, der weiß schon, dass manche Probleme in echt gar keine Probleme sind, kommen nur in der Phase hoch, wo ich gerade kurz vor meine Periode stehe, dass manche Sachen mich extrem nerven, aber nur in dieser Phase. Mir persönlich fällt das dann gar nicht so auf, sondern mein Mann weist mich darauf hin. So nach dem Motto: „Kann es sein, dass du wieder in deiner komischen Phase bist?“ So sagt er das nicht, aber so kommt das dann bei mir an und ich bin mittlerweile so geschult, dass ich das nicht persönlich nehme, sondern dass ich darüber nachdenke und feststelle: „Ja, hast recht. Ja, es nervt mich echt gerade so extrem, weil es einfach diese Phase ist, in der ich mega empfindlich bin.“ Und das ist auch für mich eine Phase, in der ich keine schwerwiegenden Entscheidungen treffe, weil ich mich da nicht gut auf meine Einschätzung verlassen kann. Muss ich ganz ehrlich mal zugeben. Und wenn ich das weiß, dann ist das auch völlig in Ordnung, weil ich weiß, ich treffe die Entscheidung in zwei Wochen. Das fand ich schon als Jugendliche sehr interessant zu lesen. Wie man merkt, geht das Problem dadurch nicht weg. Aber ich kann ein bisschen besser damit umgehen. Frauen sollten lernen, Grenzen zu setzen, weil Frauen häufig in vielen Beziehungen sehr viel geben. Auf der Venus war es so, dass Frauen untereinander sehr viel geholfen haben. Es war ein Zeichen von Wertschätzung, wenn man einer anderen Frau seine Hilfe angeboten hat, ohne dass diese Frau darum gebeten hat. Man hat einfach Hilfe angeboten und dann hat man geholfen. Das hat dazu geführt, dass man sehr viel immer gegeben hat. Aber man hat auch auf der anderen Seite viel bekommen, denn die andere Frau hat ja auch sehr viel gegeben. Jeder hat also sehr viel gegeben und deshalb hat auch jeder viel bekommen. Auf dem Mars war es eher so, dass man häufig einfach für sich selbst gegeben hat und damit war auch jedem geholfen. Nach diesem Storytelling haben beide Systeme funktioniert. Auf dem Mars hat jeder an sich selbst gedacht und deshalb war an jeden gedacht. Und auf der Venus hat jeder an den anderen gedacht und deshalb war auch für jeden gedacht. Und wenn diese beiden Extreme zusammenkommen, ist es natürlich ein Problem, weil die Frau dann sehr viel gibt, aber wenig bekommt und der Mann sehr viel nimmt, aber wenig gibt. Das kann ein Grundproblem in manchen Beziehungen sein, weshalb Frauen aufgefordert sind, Grenzen zu setzen, und zwar in dem, was sie geben, in dem, was sie zulassen. Über Grenzen setzen haben wir auch schon in Folge 067 geredet, weshalb ich das Thema jetzt gar nicht weiter bearbeiten werde. Frauen dürfen um Unterstützung bitten, sollten vielleicht um Unterstützung bitten, statt sie einfach auch zu erwarten. Und da möchte ich einen Bogen zum Thema Mental Load schlagen. Mental Load ist dieser Zustand, der häufig Frauen betrifft, da sie mehr auf dem Zettel haben, was die Organisation ihres Alltags betrifft, als sie fähig sind zu leisten. Und dass viele Männer, um hier wieder ins Klischee reinzugehen, nicht so viel sehen von den Sachen, die zu tun sind. Frauen sehen häufig mehr To-dos in ihrem Alltag und haben dann manchmal auch dieses Gefühl, dass sie eben auch dafür verantwortlich sind, das zu erledigen. Und in diesem Buch war dann der Vorschlag, Frauen sollten Männer um ihre Unterstützung bitten. Und interessanterweise habe ich in der Vorbereitung zu Mental Load wiederum die Forderung gegeben, Frauen sollten Männer mehr einbinden und Frauen sollten nicht um Unterstützung bitten müssen. Und da beißt sich hier ein Grundverständnis. Selbstverständlich wäre es wunderbar und schön, wenn alle Menschen alle Probleme sehen würden und alle bereit wären, die gleiche Energie in die Problemlösung zu investieren. Ich glaube, das ist ein bisschen zu idealisiert. Ich glaube, ich habe diese Meinung etwas unreflektiert übernommen, weil ich habe, wie gesagt, in der Vorbereitung diesen Satz gelesen, so nach dem Motto: Frauen sollten gar nicht bitten müssen. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass auch Männer zum Beispiel diese Schuhe im Flur sehen und sie dann wegräumen. Diese Haltung hatte ich tatsächlich ein bisschen übernommen. Was, wie ich jetzt festgestellt habe, zu viel mehr Konflikten geführt hat in den letzten Wochen bei uns als vorher. Und das fand ich ganz spannend. Deshalb möchte ich euch hier einmal mit in meine persönliche Erfahrung mitnehmen. Ich hatte in den letzten Wochen öfter mal meinen Mann darauf angesprochen, was er alles nicht gesehen hat und habe das dann als Forderung formuliert. Ich habe dann so etwas gesagt wie: Du könntest auch mal die Schuhe wegräumen, wenn du die siehst. Oder siehst du nicht, dass das und das gemacht werden muss? Oder ist dir eigentlich klar, dass das und das noch auf der To-Do-Liste steht? So bin ich in den letzten Wochen ab und zu mit meinem Mann umgesprungen, was natürlich gleich zu Gegenwehr geführt hat. Hätte ich mir eigentlich denken können, aber irgendwie habe ich das nicht reflektiert und ich habe mich natürlich im Recht gesehen. Im Nachhinein, wenn ich das jetzt so reflektiert habe, muss ich sagen, gut, dass ich wieder auf dieses Buch geführt wurde. Denn da gibt es ein Kapitel darüber, was Männer hören, wenn ihre Frauen indirekt Fragen in Anführungszeichen fragen. Und das möchte ich gerne kurz mit euch durchgehen. Also wenn ihr eine Sache mitnehmt aus diesem Buch, das ich euch wirklich sehr ans Herz lege, dann ist es diese Tabelle. Was eine Frau indirekt sagt: Zum Beispiel sagt eine Frau „Die Kinder müssen abgeholt werden. Ich habe aber keine Zeit.“ Und dann steht hier, was ein Mann hört. „Wenn du die Kinder abholen kannst, dann tu es. Andernfalls fühle ich mich von dir alleingelassen. Und entziehe dir meine Zuneigung.“ (Forderungen sind deshalb bei Männern nicht sehr beliebt, weil sie es als Übergriff empfinden.) Kann ich auch total verstehen, denn ich würde es eigentlich ehrlich gesagt auch so empfinden. Es wird häufig als Übergriff empfunden, weil eine Forderung nicht unbedingt auf Augenhöhe stattfindet. Und das ist der Punkt, wo ich mich gegen diese Mental Load Forderung stelle. Selbstverständlich ist es wichtig, dass vielleicht die To-dos gesehen werden, aber ich glaube, Forderung ist der falsche Weg. Lass uns also mal gucken, was man stattdessen machen kann. Statt zu sagen „Die Kinder müssen abgeholt werden“ könnte man sagen: „Kannst du bitte die Kinder abholen?“ Statt zu sagen „Es sind noch Sachen im Auto“, wo der Mann dann hört „Es ist deine Pflicht, das Auto auszuräumen, denn ich war ja schon einkaufen.“ Stattdessen kann man sagen: „Kannst du noch die Sachen aus dem Auto holen?“ Statt zu sagen: „Der Mülleimer ist randvoll, man kriegt überhaupt nichts mehr rein.“ Sag doch lieber: „Könntest du bitte den Mülleimer rausbringen?“ „Kannst du bitte …“ Ist eigentlich eine sehr gute Aufforderung. Ich muss mir das wirklich angewöhnen, weil ich auf der anderen Seite genauso möchte, dass so mit mir gesprochen wird. Ich möchte auch, dass mein Mann sagt: „Kannst du bitte das und das machen?“ Und dann kann ich Ja oder Nein sagen. Und deshalb kam ich auch auf diese fünf Sprachen der Liebe. Nichts ist ein Muss. In einer zwischenmenschlichen Beziehung basiert doch alles auf Freiwilligkeit und da ist Forderung wirklich fehl am Platz. Es passiert alles aus Liebe heraus. Wenn man sagt: „Bring den Müll raus“ oder „Du solltest mal den Müll rausbringen“, dann habe ich nicht das Gefühl, dass das aus einer wertschätzenden Haltung heraus passiert. Und wenn ich dann den Müll rausbringe, hat das auch nichts mit Wertschätzung zu tun. Wenn man aber sagt: „Kannst du bitte den Müll rausbringen?“, dann mache ich das freiwillig. Lasst uns doch aus einer wertschätzenden Haltung heraus mit Liebe diese Formulierungen wählen. Mit „Kannst du bitte …?“ Weitere Beispiele hier wären: „Der Hof ist total dreckig“ kannst du auch sagen: „Kannst du bitte den Hof fegen?“ oder „Kannst du bitte Unkraut jäten?“ oder „Wollen wir Unkraut jäten?“ Hier waren weitere Beispiele: „Die Post ist noch nicht weggebracht worden“ oder „Ich habe keine Zeit zum Kochen“ oder „Wir sind seit Wochen nicht mehr essen gewesen.“ Das sind alles diese stillschweigenden Fragen zwischen den Zeilen. Niemand weiß genau, was gesagt werden soll. Also für uns Frauen gerne mal so diese Aufforderung: Erstmal das richtige Timing zum Fragen abwarten. Nicht fragen, wenn der Mann sowieso genau das gerade macht. Wenn mein Mann gerade auf dem Weg zum Mülleimer ist und ich sage zu ihm „Könntest du bitte den Mülleimer rausbringen?“ Dann fühlt er sich in seiner Kompetenz angegriffen, weil er ja genau das gerade tun wollte. Zweitens keine Forderungen stellen, das ist eine Sache, die werde ich definitiv wieder ganz viel ausprobieren, um euch dann zu berichten, wie es gelaufen ist. Drittens kurz und bündig fragen nicht 1000 Erklärungen haben, warum jetzt der Müll rausgebracht werden sollte und warum ich jetzt auf die Idee komme, dass er jetzt dafür verantwortlich sein könnte, jetzt mal den Müll rauszubringen, denn ich habe ja schon das und das und das und das gemacht. Einfach kurz und bündig: „Könntest du bitte den Müll rausbringen?“ Und viertens direkt fragen. Nicht dieses indirekte „Der Müll muss raus“, sondern diese direkte Frage. Es gibt noch viele weitere Punkte in dem Buch, die mich wieder mal sehr motiviert haben, auch wieder mehr an dieser Beziehung zum Beispiel zu arbeiten. Deshalb lege ich euch das Buch sehr ans Herz, auch wenn es schon älter ist. Betrachtet das aus heutiger Sicht natürlich, aber mit so ein bisschen den Kontext von damals. Ich glaube trotzdem, trotz aller Diversifikationsgeschichten, dass sich ganz viele dieser Punkte nach wie vor in uns auch durch unsere Erziehung usw. wiederfinden. Ich habe mich total in diesen Sachen wiedergefunden und dachte, dass es hilfreich sein könnte, für den einen oder anderen von euch darauf aufmerksam zu werden. Plus wie gesagt, diese Geschichte, wenn man Autor*in ist, kann man diese Punkte perfekt für seine Romane nutzen, weil es so gut hilft. Bei den Dialogen zum Beispiel. Wenn ihr Frauen sprechen lasst, dann lasst sie doch diese indirekten Fragen stellen. So was wie „Der Müll muss raus“. Und wenn ihr eine männliche Figur habt, dann könnt ihr das entsprechend interpretieren und könnt einfach viel besser in die Rolle des Mannes schlüpfen, wenn ihr eine Frau seid. Oder andersrum aus Frauensicht besser schreiben, wenn ihr ein Mann seid, wenn ihr den anderen Part versteht. Deshalb finde ich so wichtig, sich auch als Autor*in mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung zu beschäftigen. Nicht nur um selbst ein besseres Leben zu führen, sondern auch, um besser schreiben zu lernen. Das war einer der Hauptgründe, warum ich beschlossen habe, hier auch vom Schreiben leben, die Persönlichkeitsentwicklung auch zu machen, weil es eben nicht nur uns selbst betrifft, sondern auch unsere Figuren. Damit endet eine wirklich lange Podcastfolge. Trotzdem hoffe ich, dass ihr Lust habt, das Buch zu lesen. Ich wiederhole noch mal: Es ist von John Gray und das Buch heißt in der Übersetzung „Männer sind anders, Frauen auch.“ Viel Spaß beim Lesen und wir sehen uns dann nächste Woche wieder. Macht es gut. Bis dann. Tschüss.

Was ich von John Gray über Beziehungen gelernt habe

Transkript

Männer sind anders – Frauen auch.

Von Wellen und Gummibändern

Zyklusbeginn mit der Periode („schwarze Phase“)

Weiße Phase: Anstieg des Östrogenhaushalts

Rote Phase: Eisprung

Violette Phase: Vorfreude und Enttäuschung

Männer als Gummibänder

Mein Tipp: Sprecht darüber

Und noch ein Tipp für Autor*innen:

Annika Bühnemann

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