So setzt du liebevoll Grenzen (Podcast-Folge 67)

067 – SO SETZT DU LIEBEVOLL GRENZEN - TRANSKRIPT Hallo und herzlich willkommen hier bei Annika Bühnemann, deinem Podcast für ein erfülltes Leben. Heute möchte ich mit dir mal über das Thema “Grenzen setzen” sprechen. Grenzen setzen ist nämlich ein Thema, das in meinen Coachings immer wieder aufkommt und wo wir, glaube ich, alle ein bisschen Nachholbedarf haben und was wir im Grunde täglich machen müssen. Ganz besonders, seit ich Mutter bin, ist dieses Thema also omnipräsent. Ständig muss man sich überlegen: Was sind jetzt die Konsequenzen dieses Verhaltens? Wo hört Grenzen setzen auf und wo beginnt wo beginnt eine Androhung? Wie kann ich am besten damit umgehen? Ich möchte einmal damit beginnen, was Grenzen sind, wie man sie setzt, in welchen Bereichen sie sinnvoll sind und euch Tipps an die Hand geben, wie ihr besser mit diesem Thema umgehen könnt, damit ihr für euch solide, souverän, selbstbestimmt eure Grenzen festlegen könnt. Manchmal verwechseln wir “Grenzen zu setzen” mit “Kontrolle ausüben”. Gerade wenn wir mit Kindern zu tun haben, stelle ich das bei mir selber auch immer ganz gerne mal fest. Grenzen setzen bedeutet, sich selbst darüber bewusst zu werden, wo überhaupt die eigenen Grenzen sind, wo das eigene Wohlfühlgefühl aufhört, was man tolerieren kann und möchte und wo die Toleranz endet. Es bedeutet nicht, dass ich versuche, Kontrolle über einen Menschen auszuüben. Wie gesagt, bei Kindern ist es noch mal ein spezielles Thema. Lass uns erst mal bei diesen normalen zwischenmenschlichen Beziehungen bleiben. Wenn ich mir über eine Grenze bewusst bin und weiß, wo eine Grenze bei mir überschritten wird, dann kommuniziere ich das in der Regel und ich versuche damit nicht, Kontrolle auszuüben, sondern mich selbst zu schützen. Ich versuche nicht, den Willen des anderen zu beeinflussen oder ihn mit zum Beispiel Liebesentzug zu zwingen, etwas zu tun oder ihn einzuschüchtern. Ich versuche nicht zu manipulieren. Grenzen setzen heißt nicht, den anderen zu manipulieren. Das würde gegen seinen freien Willen gehen. Das wäre auch übergriffig und kommt auch nicht aus einer liebevollen Haltung heraus. Grenzen zu setzen, funktioniert meiner Meinung nach immer nur in Kombination mit einem liebevollen Miteinander. Das ist für viele schon eine große Herausforderung. Aber ich glaube, es gehört ganz fest zusammen. Wenn ich in mir selbst ruhen kann, wenn ich eine liebevolle Einstellung meinem nächsten Gegenüber habe, dann kann ich auch aus Liebe heraus Grenzen setzen. Lass uns gerne kurz anreißen, was für Bereiche es gibt, in denen wir Grenzen setzen können und dann überlegen wir, wie wir diese einhalten könnten. Es gibt natürlich sehr viele verschiedene Grenzen, aber ich habe hier sechs Bereiche zusammengetragen, in denen wir häufig Grenzen setzen wollen. Und wir können überlegen, was dort sinnvoll ist. Ein Bereich ist zum Beispiel emotionale Grenzen. Das heißt, wie viel von meinen Gefühlen gebe ich preis? Wie viel trage ich nach außen? Wie viel teile ich mit meiner Umwelt und wo hört es für mich auf? Hat zum Beispiel mit der Frage zu tun: Möchte ich in der Öffentlichkeit weinen oder einen Wutanfall haben? Wie viel von meinen Gefühlen trage ich nach außen? Häufig sind wir uns unserer eigenen Grenzen dort nicht bewusst, sondern erleben sie erst, wenn wir über eine Grenze rübergegangen sind. Aber manchmal können wir auch das selbst einfach im Vorfeld festlegen: Wo liegt deine Grenze, was deine Gefühle betrifft? Wem erzählst du von deinen wahren Gefühlen und wo hältst du es unter Verschluss? Das kann sich auch verändern. Man kann auch Grenzen natürlich variieren. Aber vielleicht hast du ja bisher noch gar nicht darüber nachgedacht, wo hier eigentlich deine Grenzen liegen. Dann wäre es jetzt mal Zeit, das zu tun. Bei den meisten von uns liegt die Grenze irgendwo bei der Scham. Also wo liegt deine Schamgrenze? Was ist für dich noch okay und wo hört es auf? Wo empfindest du einen Gesichtsverlust und was ist für dich in Ordnung? Man kann sich ruhig mal ein bisschen Gedanken darüber machen, gerade auch, wenn ihr Autor*innen seid. Wo ist bei euch die Grenze, was ihr zum Beispiel auf Social Media teilt? Wann wird es euch einfach zu privat? Setzte eine Grenze. Das ist auch eine Sache, die ich immer in den Social-Media-Coachings sage: Überleg dir vorher, wo deine Grenze ist. Was teilst du und was teilst du nicht? Ich teile zum Beispiel keine Bilder von meinen Kindern, wo ihre Gesichter zu sehen sind. Ich habe es manchmal in ihrer ganz früher Kindheit gemacht und habe dann aber aufgehört, da habe ich für mich meine Grenze „nachjustiert“ und bin wieder zurückgerudert. Ich weiß jetzt, dass ich die Kinder zum Beispiel nicht im Internet zeigen werde bzw. nur verpixelt und mit so Klebern auf den Gesichtern. Das ist eine Grenze, die ich bei mir für Social Media zum Beispiel festgelegt habe. Wo liegen eure Grenzen? Zweite Kategorie: zwischenmenschliche Grenzen. Was lasse ich zu? Welches Verhalten von anderen mir gegenüber lasse ich zu? Lasse ich mich von anderen anschreien oder setze ich schon da eine Grenze? Lasse ich mir irgendwelche Sprüche gefallen oder sage ich mir, ich möchte nicht, dass jemand so und so mit mir spricht? Wo ist es noch okay, wie jemand mit mir umgeht? Und wo kollidiert das zum Beispiel mit meinem Selbstwert? Es gibt Beziehungen, die fühlen sich für mich nicht ausgeglichen an, weil ich das Gefühl habe, dass einer in einem Abhängigkeitsverhältnis zum anderen ist, manchmal ist es auch eine emotionale Abhängigkeit. Das heißt, manchmal gibt es Menschen, die ständig ihre Grenzen überschreiten lassen, weil sie Angst haben, was passiert, wenn sie sich wehren. Weil sie Angst haben, Konsequenzen anzudrohen, und weil sie sich eben abhängig fühlen. Der andere, der*die Partner*in kann dementsprechend schalten und walten, wie er oder sie will, weil man den anderen so einer Abhängigkeit hält. Da ist es wichtig, Grenzen zu setzen oder zu lernen, Grenzen zu setzen, um dem anderen auch zu zeigen: Ich lasse nicht alles mit mir machen, so kannst du nicht mit mir umgehen. Ich bin ein Mensch auf Augenhöhe mit dir und nicht untergeordnet. So wie du mit mir umgehst, kann man vielleicht mit kleinen Kindern umgehen, aber nicht mit einem Erwachsenen. – Wie gesagt, bei kleinen Kindern ist es eine andere Sache. Aber in einer Beziehung auf Augenhöhe mit zwei erwachsenen Menschen dürfte eigentlich jeder seine Grenzen setzen und die Grenzen des anderen werden auch gewahrt und respektiert. Und wenn wiederholt eine Grenzverletzung stattfindet, dann kann man die Konsequenzen durchziehen. Auch da kommen wir gleich noch drauf zu sprechen. Ein dritter Bereich, wo man Grenzen setzen kann, ist das Mentale. Das gilt vor allen Dingen für einen selbst. Worüber denke ich eigentlich nach und wo ist meine Grenze? Da kommt dieses bekannte Gedankenkarussell ins Spiel. Vielleicht gehörst du auch zu den Menschen, die sich abends ins Bett legen und dann die Gedanken kreisen lassen und dann daran denken, was sie alles noch erledigen müssen, was für Probleme sie eigentlich noch zu lösen haben und überhaupt, wie furchtbar die Welt ist. Hast du da für dich eine Grenze? Ich habe mir nämlich irgendwann mal eine gesetzt. Ich habe mir zur Regel gemacht: Abends vorm Schlafengehen denke ich nicht über Probleme nach. Ich überlege mir keine To dos, die ich noch erledigen muss. Und ich schalte so gut es geht ab. Natürlich ist das manchmal leichter und manchmal schwieriger. Also ich schlage mir auch mal eine Nacht um die Ohren, weil ich es nicht hinkriege, mich mental an die Grenze zu halten. Aber im Großen und Ganzen funktioniert es auch. Ich mache es so, wenn mir mein Kopf zu sehr dreht, dass ich dann zum Beispiel „Die drei ???“ oder so was höre, um nicht mehr über etwas nachzudenken. Aber in den meisten Fällen klappt es bei mir sehr gut, dass ich mir diese mentale Grenze setze. Das kriege ich hin, indem ich mir erst einmal achtsam bewusst mache, worüber ich eigentlich nachdenke. Und wenn ich dann feststelle, dass ich schon wieder darüber nachdenke, was ich alles zu tun habe, wo ich wieder daran denken muss, was ich nicht vergessen darf usw., dann sage ich mir innerlich richtig „Stopp!“ Manchmal schreibe ich mir das auf, wenn es wirklich etwas sehr Wichtiges gibt, an das ich morgen unbedingt denken will, schreibe ich das in mein Handy und leg das dann wieder weg. Dann weiß ich, ich habe es aufgeschrieben und morgen kann ich dran denken. Meistens ist das gar nicht notwendig, weil die allermeisten Sachen, die mir im Kopf herumschwirren, habe ich ohnehin schon irgendwo aufgeschrieben. Die muss ich dann nicht noch mal aufschreiben. Der zweite Schritt ist dann, sich zu überlegen: Woran kann ich vielleicht stattdessen denken? Ich habe es mir zur Routine gemacht, dass ich abends nur noch an tolle Sachen denke. Ich denke an meine Träume. Wie schön das ist, wenn sie erfüllt sind. Ich habe richtig so Szenen, die ich vor meinem inneren Auge immer wieder abspiele, und mich da richtig reinfühle in Wünsche, die ich mir erträume, in Sachen, die ich verwirklichen will, wie zum Beispiel Urlaube. Ich habe so viele Bereiche in meinem Leben, die ich noch verbessern möchte, dass ich mir einfach abends schon mal vorstelle, wie toll das wird, wenn das mal real ist. Und darüber schlafe ich ein. Es hat mehrere Vorteile: Erstens ist es ein schönes Gefühl, zweitens träume ich dann auch oft von diesen Dingen besser, als wenn ich von meinen Sorgen träume. Und drittens hat das Ganze auf einer transzendenten Ebene meiner Meinung nach auch eine Auswirkung, wenn ich mich gedanklich darauf einstelle, dieses neue Leben zu haben, diesen Traum zu verwirklichen, dann ist das eine energetische Signatur, die ich meinem Körper einpräge. Meine Gedanken fokussieren sich auf das Positive und lassen sich nicht mehr so von dem Negativen ablenken. Der vierte Bereich, wo man Grenzen setzen könnte, ist körperlich. Ich denke, dass ist in der Regel klar, aber es sei natürlich noch mal so auch benannt. Jeder von uns hat körperliche Grenzen. Man hat so diesen Bereich, in dem nur bestimmte Menschen hineindürfen. Nicht jeder darf mich umarmen, küssen oder mit mir intim werden, sondern da habe ich Grenzen, die respektiert werden sollen. Da sind Grenzverletzungen häufig besonders schlimm, wenn man körperlichen Übergriffe erdulden muss, weil man zum Beispiel unterlegen ist, einfach wo eine massive Grenze überschritten wird. Das hat ja gleichzeitig auch mentale Konsequenzen. Aber diese körperlichen Sachen sind natürlich auch so etwas wie: Ich lasse mich nicht anschreien oder du darfst mich nicht hauen. Dürfen meine Kinder mich hauen, ja oder nein? Wie reagiere ich, wenn sie das tun? Und natürlich auch andere Menschen. Wenn ich feiern bin, was erlaube ich anderen Menschen? Wie nah dürfen sie mir kommen? Und wo sage ich „Ich möchte nicht so eng angetanzt werden.“ oder „Nein, ich möchte nicht, dass du deinen Arm um mich legst.“ Ich weiß nicht, ob das so eine Frauensache ist, aber es ist mir schon ab und zu in meinem Leben so gegangen, dass es in meinem Fall immer Männer waren, die mich angefasst haben, obwohl ich das nicht wollte. Sei es, dass mir jemand an den Hintern gegrabscht hat. – Ich kann mich an eine Situation erinnern, als ich 18 gewesen bin, wo ich wirklich überrascht war, dass sich jemand herausgenommen hat, mich einfach anzufassen. – Oder sei es, wie gesagt, beim Feiern, wo ich dann denke: „Ich möchte das nicht.“ Ich glaube, ich kommuniziere das sehr gut, was ich will und was ich nicht will. Aber das muss man ja auch lernen mit der Zeit. Der fünfte Punkt sind zeitliche Grenzen. Das hat auch mit Zeitmanagement zu tun. Wie viel Zeit verbringe ich also? Womit und wo ist für mich die Grenze? Das war bei mir ganz präsent, als ich noch angestellt war. Und auch in der Schulzeit, damals habe ich mir schon gedacht: Warum muss ich eigentlich acht Stunden mit diesen Menschen auf engstem Raum verbringen, obwohl ich mir das nicht ausgesucht habe? Das hat sich dann durchgezogen. Warum muss ich acht Stunden am Tag ein Büro mit diesen Menschen teilen, die ich mir überhaupt nicht ausgesucht habe? Da war ich sehr empfindlich, muss ich sagen, und habe schnell gemerkt, dass meine zeitlichen Grenzen ständig überschritten wurden. Ich musste ständig Zeit mit Sachen und Menschen verbringen, was ich mir so nicht freiwillig ausgesucht habe. Und habe irgendwann einfach die Konsequenz gezogen. Das lässt sich im Nachhinein so leicht sagen. Es war ein langer Prozess, bis ich mich getraut habe, da eine Grenze zu ziehen. Und ich habe diese am Anfang auch nicht so gewahrt und kann mich noch an eine Situation erinnern: Da war ich neu in einer Firma und wir waren auf einer Messe und nach einem Messetag sind wir abends ins Hotel gefahren und ich bin in mein Zimmer gegangen, habe mich umgezogen und wollte schreiben, weil schreiben einfach meine Leidenschaft ist und ich dabei war, ein neues Buch zu schreiben und zu veröffentlichen. Und dann textete mir die Assistentin der Geschäftsleitung, wo ich denn sei. Und da habe ich geschrieben „In meinem Zimmer“. Und dann sagte sie „Sofort runterkommen. Wir sind alle noch an der Bar“, und das sei ein Pflichttermin, dass ich jetzt noch nach der Messe, nachdem ich schon acht Stunden mit diesen Menschen meinen Tag verbracht hatte, musste ich abends auch noch so „Socializing“ mit den Mitarbeiter*innen machen und mich dann auch noch mit denen unterhalten. Ich habe das dann gemacht, weil ich neu war, weil ich auch jünger war und weil ich ja irgendwie auch nicht schlecht auffallen wollte. Aber da habe ich richtig gemerkt, dass das für mich eine zeitliche Grenze war, die ich eigentlich nicht überschritten haben wollte. Ich glaube, heute würde ich es anders machen, aber damals habe ich das eben zugelassen. Der sechste Bereich ist materiell. Es gibt materielle Grenzen und ich glaube, das ist der Punkt, wo wir uns häufig sogar am wenigsten darüber bewusst sind, wo unsere Grenzen liegen. Ich zumindest muss sagen, dass ich das erst im Laufe der Jahre des Erwachsenendaseins gemerkt habe. Gemeint ist: Mit wie viel Zeug umgibst du dich und wann ist es genug? Wo beginnt das Gefühl, dass du zugestellt bist, sodass du nicht mehr richtig atmen kannst? Und wo ist die Grenze? Das hat übrigens auch viel mit Money Mindset zu tun. Money Mindset überschneidet sich ja mit ganz vielen anderen Lebensbereichen und unter anderem eben auch mit dem Thema Ordnung. Wenn ein Zimmer sehr ordentlich und aufgeräumt ist, fühlen wir uns in der Regel ja sehr gut. Wir fühlen uns strukturiert und man kann die Seele besser baumeln lassen. Und für jeden gibt es eine individuelle Grenze, wann man sich noch gut fühlt und wo es kippt. Da muss man auch in einer Beziehung gut kommunizieren, wo für einen selbst dieses Kippen ist. Und Kinder haben da natürlich ein ganz anderes Empfinden als Erwachsene. Wobei auch meine Kinder mit drei und fünf gut schon merken, dass sie sich in einem aufgeräumten Zimmer wohler fühlen und besser atmen können als in einem zugestellten Zimmer. Das sind also diese Punkte, die ich mal herausgegriffen habe: Emotional, zwischenmenschlich, mental, körperlich, zeitlich und materiell. Es lohnt sich, sich über diese Bereiche mal Gedanken zu machen und zu überlegen, wo in diesen Bereichen eigentlich die eigenen Grenzen liegen. Denn Grenzen zu setzen bedeutet, Freiheit zu garantieren. Bei Freiheit ist es ja immer so: Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Und da ist natürlich viel Kommunikation notwendig. Und Grenzen zu setzen bedarf der Kommunikation. Man kann leider nicht erwarten, dass jeder weiß, wo die eigene Grenze liegt. Selbst bei so Sachen, die eigentlich klar sein sollten, nämlich zum Beispiel bei körperlichen Übergriffen. Es soll sollte klar sein, dass das nicht in Ordnung ist, aber es ist anscheinend nicht klar oder manche Menschen setzen sich darüber hinweg. Da kommen dann die Konsequenzen ins Spiel. Grenzen zu setzen bedeutet zu sagen, wo die Grenze liegt, und die Konsequenz zu benennen. Wenn ich ein Haus mit einem Grundstück habe, dann kann ich das zum Beispiel einzäunen. Das ist die Grenze des Grundstücks. Und so sage ich eigentlich klar: Hier ist die Grenze. Hier bitte nicht drüber gehen. Wenn jemand unbefugt die Grenze überschreitet, dann habe ich verschiedene Möglichkeiten darauf zu reagieren. Entweder kann ich gleich die Polizei rufen oder ich sage dem: „Runter von meinem Grundstück“ oder ich kann – wenn ich in Amerika bin – gleich mit meinem Gewehr rausgehen und sozusagen nonverbal sagen: „Geh von diesem Grundstück runter“. Ich kann natürlich auch einfach auf diesen Menschen zugehen und sagen: „Das ist mein Grundstück, du bist über meine Grenze gekommen. Wenn du jetzt nicht wieder runter gehst, dann werde ich die Polizei rufen.“ Es gibt also viele verschiedene Möglichkeiten, auf so eine Grenzverletzung zu reagieren. Wir versuchen das erst einmal immer aus dieser zwischenmenschlichen Liebe heraus, nicht aus Wut oder so. Also für die meisten von uns wäre es übertrieben, wenn jemand auf das Grundstück kommt, ihn gleich mit einem Gewehr zu begrüßen. Die meisten von uns sind ja doch eher so gepolt, dass wir sagen: „Du bist über diese Grenze getreten. Das möchte ich nicht. Verlasse bitte mein Grundstück.“ Das ist also eine Bitte, die wir erst mal an den anderen richten. Wir können ihn in der Regel ja nicht zwingen, sein Verhalten zu ändern, sondern wir können erst einmal diese Bitte stellen. Und als zweites muss immer folgen: Wenn du das nicht tust, dann werde ich das und das machen. Und das ist auch der Punkt, an dem wir uns meistens gar nicht so richtig bewusst sind, was wir eigentlich tun. Das merke ich häufig in Coachings, wo es um Grenzsetzung geht. Vielen ist klar, wo die Grenze ist. Spätestens wenn die Grenze überschritten wurde, kann man eigentlich ganz gut sagen, wo die Grenze gewesen wäre. Aber wir sind uns häufig nicht der Konsequenz bewusst, die wir dann eigentlich ziehen wollen. Ich nehme mal ein Beispiel aus dem Alltag: Angenommen, du hättest die Grenze „Besuch darf nicht unaufgefordert bei mir vorbeischneien“. Es gibt ja so Menschen, die einfach spontan sagen „Ich klingle mal da und frag, ob die Zeit hat.“ Für manche Leute ist es okay und für manche Leute ist es nicht okay. Wenn es für dich nicht okay ist, dann passiert es dir vielleicht trotzdem manchmal, dass zum Beispiel die Schwiegermutter unangekündigt vorbeikommt und man fühlt sich aber nicht so vorbereitet, dass man sie begrüßen könnte. Ich bin da persönlich relativ entspannt, weil ich auch ein super gutes Verhältnis zu meiner Schwiegermutter habe. Das ist meine zweite Mama. Aber es gibt natürlich Menschen, wo es nicht so ist. Also angenommen du hast ein Problem damit und deine Schwiegermutter kommt unangekündigt nach Hause. Was ist deine Konsequenz? Was passiert, wenn sie es tut? Schritt eins ist immer die Grenze zu kommunizieren. Das heißt sag es bitte deiner Schwiegermutter, wenn sie unangekündigt kommt, dass du das nicht möchtest, dass du sie super gerne da hast, also aus einer liebevollen Grundhaltung heraus. Sag ihr zum Beispiel: „Es ist echt schön, wenn wir uns sehen. Aber ich mag es nicht, wenn ich mich nicht darauf vorbereiten kann. Am liebsten möchte ich gerne wissen, dass du kommst, damit ich mich da mental darauf vorbereiten kann. Damit ich Zeit für dich organisieren und freihalten kann. Damit ich vielleicht noch etwas vorbereiten kann.“ Erklär ruhig, warum da eine Grenze ist. Musst du aber nicht. Du bist niemandem Rechenschaft schuldig, warum deine Grenze da ist. Es kann aber manchmal helfen, für das Verständnis zu erklären, warum man da seine Grenze zieht. Und Schritt zwei: Sage deine Konsequenz. Also zum Beispiel: „Wenn du weiterhin unangemeldet bei mir klingelst, dann werde ich dir nicht mehr öffnen.“ Das musst du natürlich dann auch durchziehen. Konsequenzen muss man dann auch durchziehen. Überleg dir also, was deine Konsequenz ist. Fülle das für dich aus in diesen verschiedenen Lebensbereichen. Emotional: „Wenn du mir weiterhin immer unaufgefordert deine Sachen erzählst, dann werde ich nicht mehr zuhören, dann werde ich gehen.“ Manchmal möchte man auch nicht belastet werden mit den Problemen von anderen Menschen. Das ist auch okay. Wenn man gerade selber sehr viel zu tragen hat, muss man nicht der Mülleimer für anderer Menschen Gefühle sein. Man kann sich da wirklich gut abgrenzen. „Wenn du mich anschreist, werde ich den Raum verlassen. Ich rede nur mit dir, wenn du in einem vernünftigen Ton mit mir sprichst.“ Überleg dir deine Konsequenz. Ich möchte hier einmal den Unterschied zwischen einer Konsequenz und einer Drohung klar machen: Manchmal hat man das Gefühl, dass das Drohungen sind. Bei einer Drohung möchte ich jemanden einschüchtern und ihn zwingen, ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen, weil er Angst vor der Konsequenz hat. Ich drohe jemandem, wenn ich zum Beispiel sage: „Ich erschieße dich.“ Das ist dann keine Konsequenz mehr, weil ich hier versuche, jemanden zu manipulieren, indem ich negative Konsequenzen androhe. Eine Konsequenz ist eine Folge-Reaktion von mir. Natürlich kann der andere das in Einzelfällen als Drohung wahrnehmen. Da gibt es natürlich eine Grauzone, wo es für den einen schon eine Drohung ist und für den anderen noch eine Konsequenz. Das ist ein fließender Übergang. Auch hier: Kommunikation ist alles. Sprecht miteinander. Der andere darf auch sagen: „Das fühlt sich für mich wie eine Drohung an“ und dann kann man darüber sprechen. Ganz neutral betrachtet soll es eigentlich so sein: Ich stelle eine Bitte und wenn der andere dieser Bitte nicht nachkommt, dann muss klar sein, was für eine Konsequenz daraus folgt. Und zwar keine Bestrafung, sondern einfach eine gesunde, ausbalancierte Konsequenz, die ich mache, um meine Grenzen zu wahren. Und meine Selbstliebe zum Beispiel aufzupolieren. Ihr erinnert euch an dieses Liebesdreieck „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und liebe Gott“. Dieses Dreieck muss gewahrt sein. Das sollte ausbalanciert sein. Es kann nicht sein, dass man immer nur für den anderen gibt und sich selbst völlig vernachlässigt. Es kann genauso gut auch nicht sein, dass man immer nur an sich selbst denkt und den anderen vernachlässigt. Das muss in einer Dreiecksbalance sein. Zum Schluss möchte ich noch auf eine häufige Verwechslung hinweisen: Häufig verwechseln wir Grenzen setzen mit dieser „Gebrauchsanleitung“, die wir für andere haben. Ich habe in Folge 36 darüber gesprochen, wie häufig wir so „Gebrauchsanleitungen“ anderen Leuten in den Mund legen. Das bedeutet, jeder muss auch wissen, wie er sich am besten verhält, damit es mir gut geht. Meine Kinder sollten immer ihr Zimmer aufräumen, weil ich mich dann gut fühle. Mein Mann sollte mir am besten jeden Morgen Kaffee ans Bett bringen und am besten wöchentlich neue Blumensträuße, damit es mir gut geht, weil ich mich dann wertgeschätzt fühle. Und wenn er das nicht tut, dann werde ich grantig. Das sind Gebrauchsanleitung. Das sind keine Grenzen in dem Fall, sondern das sind diese Gebrauchsanleitung, weil ich mein Glücklichsein, davon abhängig mache, wie sich jemand anderes verhält. Das ist im Grunde ein Erkennungsmerkmal, ob es sich hier um eine Grenze oder um eine Gebrauchsanleitung handelt. Bei einer Gebrauchsanleitung gebe ich mein Lebensglück in die Hände einer anderen Person. Nur wenn er sich so und so verhält, fühle ich mich gut. Das ist eine Gebrauchsanleitung, das funktioniert nicht. Darüber habe ich in Folge 36 gesprochen, könnt ihr euch gerne anhören, wenn ihr euch da ertappt fühlt. Was funktioniert, sind diese Grenzen. Ich setze die Grenze, weil es meinen Werten entspricht, weil mein Wert hier in Gefahr gerät. Nicht, damit ich mich besser fühle, sondern weil ich meine Werte oder meine Selbstachtung bewahre und weil es mir wichtig ist, dass dieses und jenes eingehalten wird. Weil es eben mit diesem Selbstwert und der Selbstliebe zu tun hat. Ich glaube, dass ist so die größte Verwechslung, die normalerweise passiert und ich denke, damit werdet ihr euch sicherlich auseinandersetzen können, wenn ihr euch die Folge 36 nochmal anhört. Falls ihr das hier bei YouTube gerade seht, sei nochmal gesagt an dieser Stelle, dass nicht alle Folgen des Podcasts auf dem YouTube-Kanal vorhanden sind, sondern erst ab Folge 62. Wenn euch also die Folge 36 interessiert, schaut bitte gerne mal in der Videobeschreibung vorbei bzw. da, wo ihr Podcast normalerweise hört. Da könnt ihr die Folge 36 dann auch abrufen. Ich denke, es hilft, sich darüber mal bewusst Gedanken zu machen, wo eigentlich die eigenen Grenzen liegen. Und ich freue mich, dass ihr euch auch diese Podcastfolge angehört habt. Lasst mich gerne wissen, was ihr für Grenzen eigentlich noch setzen müsstet, was eure Aha-Effekte waren beim Anhören dieser Folge und welche Folgen ihr euch vielleicht wünschen würdet, also um welche Themen es sich auch drehen sollte, was euch helfen würde, ein selbstbestimmteres, erfüllteres Leben zu führen. Ich bin immer wieder happy, wenn ihr mir auch sagt, wo ihr gerade hängt, damit ich das aufnehmen und vielleicht mit neuen Gedankenimpulsen helfen kann, um euch ein paar kleine Wegweiser mitzugeben. Lass uns also gerne drüber sprechen. Ansonsten viel Spaß beim Grenzen Setzen und macht es gut. Bis bald. Tschüss!

Transkript:

6 Bereiche, in denen du Grenzen setzen solltest

Emotionale Grenzen

Zwischenmenschliche Grenzen

Mentale Grenzen

Körperliche Grenzen

Zeitliche Grenzen

Materielle Grenzen

Grenzen setzen in 2 Schritten

Schritt 1: Die Anfrage

Schritt 2: Die Konsequenz

Konsequenz ist keine Drohung