In meiner Erinnerung war ich immer unordentlich. Als Kind hatte ich das Gefühl, ständig aufräumen zu müssen und nach ein paar Stunden oder Tagen war alles wie vorher, ohne dass ich mich dagegen wehren konnte.
Ich habe mal gelesen, dass „Kalorien“ kleine Tiere sind, die nachts die Kleidung enger näher.
Ich glaube, bei mir haben sie Unordnung verursacht.
Oder vielleicht hatten die Heinzelmännchen Gegenteil-Tag und haben meine schöne Ordnung durcheinandergebracht.
Jedenfalls wusste ich nie, wie ich Ordnung halten soll und ich war schnell frustriert, weil meine Ergebnisse nie lange genug hielten, um 1) mich wirklich zu freuen und 2) mich zu überzeugen, dass ich ordentlich sein kann.
Ich bin unordentlich. Das ist eben so.
Dieser Gedanke setzte sich fest.
20 Jahre später.
Meine Mutter hatte mir als Kind gesagt, dass ich ordentlich sein würde, wenn ich meine eigene Wohnung hätte. So sei es bei ihr gewesen.
Tja, was soll ich sagen … da hat sie sich wohl geirrt.
In meiner ersten Wohnung war ich weiterhin unordentlich und es zog sich durch. Die Wohnungen bekamen mehr Zimmer, aber die Unordnung blieb.
Mein Mann und ich kauften ein Haus und ich nahm mir vor, jetzt wirklich mal ordentlich zu werden.
Fehlanzeige.
Als wir Kinder bekamen, wurde es noch schlimmer
Jetzt waren wir nicht mehr nur zu zweit, die für Chaos sorgten, sondern zu viert.
Während der Pandemie im Jahr 2021 hatte ich dann meinen persönlichen Tiefpunkt.
Säugling zu Hause.
Kleinkind zu Hause.
Selbstständig (ich war in Teil-Elternzeit).
Mein Mann mit mir zusammen im 6-Quadratmeter-Büro.
Und überall dieses Chaos.
Ich bin wirklich fast durchgedreht innerlich.
Das war der Punkt, an dem ich mich zu diesem Thema habe coachen lassen.
Coaching war mein Lebensretter
Ich war zu der Zeit als Kundin bei der „Life Coach School“ in den USA angemeldet und habe darüber Coachings vereinbart. Mein Coach besprach mit mir die Situation und es entstand ungefähr so ein Gespräch:
Er: (irgendwann im Gespräch). Hinter dir steht eine Gitarre. Was ist mit der?
Ich: Ach, die steht da falsch. Ich müsste sie nach oben bringen, an ihren Platz.
Er: Und?
Ich: Ich bin zu faul.
Er: Warum?
Ich: Weil es eh nichts bringt. Ich bin einfach unordentlich.
Er: Wann hast du das entschieden?
Diese Frage hat mich völlig ins Stolpern gebracht.
Ich habe mich doch nicht dazu entschieden, unordentlich zu sein!
Aber dann ging mir ein Licht auf: Ich hatte es sehr wohl entschieden, und zwar, indem ich als Kind meiner Mama geglaubt habe. Sie hat mir – natürlich unabsichtlich – gespiegelt, dass ich ein unordentlicher Mensch bin und das habe ich als Teil meiner Identität angenommen.
Damit war jetzt Schluss.
Ursache meiner Unordnung waren meine verborgenen Gedanken („Ich bin unordentlich“, „Das ist eben so“, „Das wird sich nie ändern“, „Ordnung bringt nichts, ich mach es eh alles wieder unordentlich“ etc.).
Ich setzte mich mit diesen Gedanken auseinander und stellte fest, dass keiner davon ultimativ wahr war.
Nach und nach trainierte ich mir neue Gedanken an, indem ich Brückengedanken formulierte wie:
- Ich will es ordentlich haben und kann dafür sorgen, dass ich es schaffe
- Ich kann ordentlich sein
- Ich schaffe das
- Ich kann das
- Ich lerne es
- Ich bin „committed“
Den Gedanken „Ich bin ordentlich“ konnte ich noch nicht richtig glauben, aber ich näherte mich langsam an.
Der Erfolg war nur für mich sichtbar
Natürlich hatte ich gehofft, dass ich jetzt ruckzuck ein sauberes, immer aufgeräumtes Zuhause haben würde, aber dem war nicht so. Schließlich lebten weiterhin drei andere Personen mit mir im Haus, die alle ihr eigenes Mindset mit sich herumtragen (und meine Kinder sind im Kindergartenalter ja auch noch nicht unbedingt in der Lage, meinen Ordnungssinn zu verstehen).
Real Talk: Es blieb weiterhin unordentlich. Veränderung braucht manchmal Zeit. Andere Dinge waren teilweise über Monate wichtiger als das „Projekt Zuhause“.
Aber mein Traum blieb und ich war – und bin – davon überzeugt, dass ich ihn erreichen werde.
Für mich waren die letzten zwei Jahre ein großer Erfolg, obwohl für alle anderen kaum Veränderungen sichtbar waren. Warum?
- Ich merke, dass ich von mir selbst immer wieder als „ordentliche Person“ denke – das hätte ich früher nie für möglich gehalten.
- Ich glaube ernsthaft daran, dass unser Zuhause einen Status Quo erreichen wird, den über dem jetzigen liegt.
- Unser Wohnbereich ist zu 90 % im Alltag aufgeräumt. Seit Kurzem die Küche ebenso. Das zeigt mir, dass es möglich ist.
Wie geht es jetzt weiter?
Ich möchte dich auf die Reise mitnehmen
Seit ich offen darüber spreche, dass ich meine Unordnung ablegen will, bekomme ich viel Zuspruch aus meiner Community. Es geht vielen so wie mir – das war mir nicht klar. Deshalb möchte ich dich auf meine persönliche Reise mitnehmen. Das hat zwar nur entfernt mit Schreiben zu tun, aber dafür sehr viel mit Mindset – und ich liebe „Mindset-Arbeit“.
Meine nächsten Schritte:
- Mit dem Buch „Die magische Küchenspüle“ werde ich einen Plan erstellen, was zu tun ist
- Ich schreibe regelmäßig über meine Entwicklung
- In 4 Monaten (Dezember 2023) möchte ich, dass Wohn- und Essbereich, Küche, Flur und Gästebad den „neuen Status Quo“ erreicht haben und ihn halten.
Mein langfristiges Ziel ist, dass jeder Raum in diesem Haus innerhalb von 15 Minuten aufräumbar ist.
Die Böden sollen frei sein, sodass ich den Saugroboter laufen lassen kann.
Nichts soll rumliegen.
Alles hat einen Platz und alles ist an seinem Platz.
Und nun noch – für mich persönlich – ein paar Affirmationen bzw. neue Routinen, die ich mir einprägen will, damit sie mit der Zeit automatisch passieren:
(Diese Aussagen sind so einfach und logisch, dass ich mich ärgere, wie oft ich mich nicht daran halte. Ich wünsche dir, dass dir all das leicht fällt und du überhaupt keine Probleme mit Ordnung/Unordnung hast. In der Vergangenheit habe ich mir anhören müssen, dass es ja wohl normal sei, Dinge wegzuräumen, Geschirr IN die Spülmaschine zu räumen, nie mit leeren Händen zu laufen etc. Berücksichtige bei deinem Kommentar bitte, dass alles, was dir leicht fällt, für jemand anderen eine große Herausforderung ist.)
4 Kommentare
Hallo Annika, das ist ja mal ein spannendes Thema 🙂 Ja wirklich. Ich finde, es wird viel zu wenig davon gesprochen, richtig davon gesprochen, also die Wahrheit. Ich denke nicht, dass es in jedem Haushalt der Welt wie bei Ikea aussieht. Mal ganz abgesehen von den Möbeln, Jeder hat da ja so sein Geschmack. Aber Unordnung…oder gar unordentlich sein? Nein, das ist niemand. Daher mein Respekt, dass Du Dich da ein wenig outest. Und ich bin sicher, es werden aus der Community noch andere Stimmen laut, die hier und da auch die Unordentlichkeit kennen. Ich zum Beispiel auch. Auf der „Hauptfläche“ also Wohnzimmer, Küche, Besucherecke, da ist alles tutti. Doch oh weh wenn Du meinen Schreibtisch sehen würdest 😀 Ich räume wirklich jeden Abend auf. Doch auf wundersame Weise schaffe ich es in wenigen Minuten, dass alles aussieht, als wenn die berühmte Bombe eingeschlagen hätte. Teller, Tassen, Stifte kreuz und queer, Suppenteller auf der Tastatur, hier einige Papiere, die ich mir angesehen habe/gebraucht habe, da mein Notizbuch und selbst der ordentliche Kabelsalat begrüßt mich jeden Tag neu, weil ich ja nie Platz auf dem Tisch habe und Monitor etc dann auch verrücken muss, incl Kabel. Aber ich verrate Dir was: zeitweise fühle ich mich in dem Chaos wohl. Weil ich denke: Ja das ist mein Chaos, das bin ich. Das gilt aber nur für den Schreibtisch. Der Rest der Wohnung darf dann wieder ordentlich sein…muss es auch, sonst fühle ich mich zu voll. Ich räume mindestens einmal im Jahr die ganze Bude auf den Kopf „was brauch ich noch, was kann weg“, und das ist sooo befreiend. Ich habe mich gerade so über Deinen MiniPodcast gefreut. Deine neuen Affirmationen, sind für mich nicht nur normal. Also was hinfällt hebe ich auf…geht noch okay, aber dann Dinge mitzunehmen, wenn man in ein anderes Zimmer geht oder Geschirr direkt wegmachen…das hab ich auch nicht wirklich im Kopf…zumindest als Satz. Die letzten Tage hattest Du auch von Eurer Küche gesprochen und dem neuen Ritual aufzuräumen abends. Das hab ich so gefühlt. Es ist so doof, mit vollem Magen und hundemüde noch die Küche zu machen, aber welch schönes Gefühl am Morgen eine saubere Küche vorzufinden 🙂 Aber, liebe Annika, ich hab da so einen Gedanken: Für jeden ist Unordnung etwas anderes. Du hast hier ein recht „cleanes“ Bild eines Wohnzimmers (eures ohne Handwerker?) eingestellt. Wenn ich das sehe, sehe ich keine Unordnung. Also meine Frage wäre, was für Dich Unordnung ist? Wie sieht denn Ecke xy aus, wenn sie für Dich unordentlich ist? Ich meine, da hat Jeder ein anderes Verständnis. Natürlich erwarte ich jetzt nicht, dass Du hier ein Foto aus der hintersten Garagenecke teilst, aber ich würde mich freuen, eine Idee davon zu bekommen, was für Dich Unordnung ist. Das obige Bild wie gesagt, da käme ich schwer mit, dort Unordnung zu finden. Wenn es für Dich so ist, okay 🙂 So. Ich freue mich auf Deine nächsten Schritte. Ich mag es, wie Du Probleme und Aufgaben angehst und sie Schritt für Schritt löst. Und Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, um sich dann auch im ordentlichen Zuhause wohl zu fühlen. Herzliche Grüße, Tanja
Hey meine liebe Tanja! Danke für deinen Kommentar. Ich teile eigentlich recht oft bei Instagram, wie es bei uns aussieht 😀 Also jetzt gerade steht vor mir ein leerer Wäscheständer, auf dem Kamin liegen Klamotten, zwei Bücher, „Kram“ (Schrauben?!) und ein Gesellschaftsspiel. In einer Ecke liegt ein zusamengeknülltes Stück Stoff; ich glaube, das ist entweder ein Fliegengitter oder sowas in der Art (ich habe es da nicht hingepackt, bin mir also nicht ganz sicher 😉 ). Ein bisschen Chaos darf durchaus sein, sonst würde ich mit zwei kleinen Kindern nicht leben können (die Kinderzimmer sind oft sehr chaotisch und sie dürfen da auch wüten – sie sind aber auch happy, wenn wir dann doch mal aufgeräumt haben).
Ich halte euch jedenfalls auf dem Laufenden 🙂
Oh ja, da sagst du was. Ich hatte auch immer die Meinung, dass ich unordentlich bin. Ich denke hauptsächlich, weil meine Eltern mich immer zum Aufräumen gezwungen haben, ohne dass ich die Notwendigkeit erkannt habe, oder mein eigenes Bedürfnis mir geboten hätte, ordentlich zu sein.
Als Erwachsene wurde es nur schlimmer, bis mein Hund kam und gefressen hat, was immer ungeschützt rumstand – inklusive getragener Socken. Das hat mir schnell und effektiv beigebracht, ordentlicher zu sein, das Bedürfnis habe ich aber noch nicht für mich selbst wahrgenommen.
Ich sage wahrgenommen, weil ich heute weiß, dass aufgeräumte Flächen und klare Strukturen und Ablageorte enorm viel Stress aus meinem Alltag nehmen.
Mein Lieblingstrick ist: Weggeben / wegschmeißen von Dingen, bei denen ich merke, dass ich sie nicht brauche oder wertschätze. Dinge, die nicht da sind können keine Unordnung verursachen. Der Gedanke „Oh, das könnte ich vielleicht irgendwann mal brauchen.“ versuche ich, wann immer er kommt, mit „Ich kann es an jemanden geben, der oder die es jetzt braucht. Wenn ich es brauche, wird es oder etwas ähnliches zu mir zurückkommen.“
Jetzt brauche ich nur noch die Disziplin bei jener Unordnung, die durch den Alltag entstehen.
Herzliche Grüße
Franja
Hey, danke für deine Antwort, Franja! Ich mache seit kurzem jeden Tag eine kurze Wegwerfaktion, das bewirkt schon was. Ich persönlich habe auch wenig Dinge hier, die ich nicht brauche, aber die Kinder bringen natürlich von überall jeden Tag tausend Sachen mit (da sind 15-20 gemalte Bilder am Tag keine Seltenheit, und nichts davon soll weg …). Ich bin so gespannt, wie es in ein paar Monaten bei uns aussehen wird und ob wir meine Ziele erreichen 😉